Electronic Data Interchange (EDI)
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1 Einleitung

Dieser Artikel ist eine stark gekürzte Version (ohne Grundlagen) meiner Hausarbeit im Rahmen des WING-Studiums an der Hochschule Fresenius. Das Thema war Electronic Data Interchange (EDI), geschrieben wurde sie im Jänner 2023.

Die strategische Bedeutung der digitalen Transformation wird von Großunternehmen sowie von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zunehmend erkannt. Lichtblau, Goecke, Schützdeller & Schleiermacher (2018) und Schöpper, Lodemann, Dörries & Kersten (2018) kommen zum Ergebnis, dass KMU im Vergleich zu größeren Unternehmen Herausforderungen erleben, weil sie neue Technologien in geringerem Umfang nutzen. Die Digitalisierung der KMU stehe derzeit am Anfang und birgt somit Chancen, auf der anderen Seite bestehe für die Betriebe das Risiko rückständige Technologien einzusetzen. Aus Sicht der von Volkwein et al. (2022, S. 12–18) befragten Unternehmen stellt die Digitalisierung eine bedeutende Herausforderung dar. Die drei bedeutsamsten genannten Faktoren waren interne Umsetzungsprobleme (z. B. fehlende Kompetenzen und Kapazitäten oder fehlende Digitalkultur), unzureichende externe Rahmenbedingungen (z. B. ausbaubare Förderlandschaft, gesetzliche Beschränkungen und Rechtsunsicherheit) sowie mangelnde Strategiefähigkeiten (z. B. unklarer wirtschaftlicher Nutzen, fehlendes Wissen hinsichtlich Möglichkeiten).

Die digitale Transformation findet in unterschiedlichen Bereichen statt. Electronic Data Interchange (EDI) ist ein mögliches Beispiel für die genannten Gründe unklarer wirtschaftlicher Nutzen und fehlendes Wissen hinsichtlich Möglichkeiten. EDI ermöglicht den elektronischen Austausch von Daten zwischen mehreren Unternehmen, wobei sich die daraus entstandenen Standards Mitte der 1970er Jahre etablierten (vgl. Kollmann, 2022, S. 142), vor allem in der Automobilindustrie, im Handel, in der Lebensmittelindustrie und im Gesundheitswesen (vgl. Narayanan, Marucheck & Handfield, 2009, S. 125). Die erwartete technische Revolution Anfang der 1990er Jahre in Bezug auf den automatisierten Austausch von Dokumenten blieb jedoch aus (vgl. Strauss, 2019, S. 419). Durch die Nichteinführung von EDI bleibt eine Möglichkeit zur Digitalisierung und somit Automatisierung ungenutzt, wodurch Mitarbeiter:innen der betroffenen Unternehmensbereiche Geschäftsdokumente externer Geschäftspartner:innen weiterhin manuell ins Enterprise-Resource-Planning(ERP)-System einpflegen müssen. Dies hat längere Durchlaufzeiten und mögliche Dateneingabefehler zur Folge. Bei einer hohen Anzahl von Transaktionen zwischen den Beteiligten birgt eine elektronische Anbindung mittels EDI das Potenzial für Kosteneinsparungen, denn die Mitarbeiter:innen können nach einer Einführung ihre Arbeitszeit für gewinnbringende Tätigkeiten einsetzen.

Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, ein Verständnis für das Thema EDI zu schaffen und die notwendigen Überlegungen vor einer Einführung darzulegen. Des Weiteren werden die Vor- sowie mögliche Nachteile und Hürden für Unternehmen aufgezeigt, womit die Forschungsfrage der Arbeit wie folgt lautet: Was ist der Mehrwert für den Einsatz von EDI und welche Rahmenbedingungen müssen bei der Einführung berücksichtigt werden?

Die wesentlichen Begriffe ‚Digitalisierung‘ und ‚EDI‘ werden in Kapitel 2 erläutert, wo die theoretischen Grundlagen zum Fachvokabular und für das Verständnis der Problemstellung erläutert werden. Anschließend wird die Forschungsfrage auf Basis einer Literaturrecherche beantwortet. In Kapitel 3 ‚Mehrwert einer Implementierung von Electronic Data Interchange‘ werden Pro und Kontra erörtert. In Kapitel 4 ‚Rahmenbedingungen für eine elektronische Anbindung mittels Electronic Data Interchange‘ erfolgt die Darlegung der Bedingungen für eine EDI-Einführung, woraufhin die Hausarbeit mit einem Fazit in Kapitel 5 abgeschlossen wird.

2 Mehrwert einer Implementierung von Electronic Data Interchange

Der Mehrwert von EDI wird anhand der Vorteile dargelegt, die beim Einsatz für das Unternehmen entstehen, worüber hinaus mögliche Hürden und Nachteile einer Einführung betrachtet werden. Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit einer gesamtheitlichen Betrachtung des Digitalisierungsprozesses.

2.1 Vorteile

Binckebanck und Elste (2016, S. 14+319) führen an, dass EDI zur Reduzierung der Fehlerrate beiträgt und die Datenübertragung ohne Medienbrüche stattfindet, wodurch Übertragungsfehler zwischen zwei Medien (z. B. Übernahme der E-Mail-Bestellung ins ERP-System) vermieden werden. Des Weiteren trägt dieser Standard zur langfristigen Bindung zwischen Kundschaft und Lieferant bei. Rode (2021) berichtet neben der niedrigeren Fehlerrate von reduziertem Aufwand bei Reklamationen und der Rechnungsprüfung in der Lebensmittelbranche, wobei der beschleunigte Datentransfer einen hohen Rationalisierungseffekt zur Folge hat, weil kein weiterer Papieraustausch bei der Lieferung der Ware stattfindet, was die Effizienz und Geschwindigkeit von Geschäftsprozessen steigert. Abt und Mülder (2017, S. 353) erkennen eine wesentliche Stärke im vereinfachten, automatisierten Übertragungsprozess der auszutauschenden Daten, wobei der Onlinehändler Böttcher gemäß einem Interview mit Knüpffer (2022) durch den raschen Austausch von Informationen genauere Kenntnis über die Verfügbarkeit seiner Ware besitzt. Über EDI können Dokumente wie Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Rechnungen und Versandanzeigen zwischen Lieferanten, Herstellern sowie Händlern ausgetauscht werden, was eine Echtzeitverfolgung von Lagerbeständen und Versandstatus ermöglicht. Durch den schnellen Transfer erhofft sich das Unternehmen mehr Effizienz. Als wesentlichen Faktor nennen Gehring und Gabriel (2022, S. 427–429) die Kosteneinsparung durch den Wegfall der doppelten Datenerfassung, weil das Unternehmen durch die Nutzung von EDI effizienter wird, was die Wettbewerbsposition stärkt und zum Erfolg der Organisation beiträgt. Mitarbeiter:innen müssen keine weitere manuelle Datenerfassung durchführen, sondern können für profitablere Aufgaben eingesetzt werden. Des Weiteren werden bei EDI-Transaktionen (2022, S. 485–486) spezielle Software und Kommunikationsprotokolle zur Datenübertragung verwendet, was für Nachvollziehbarkeit und Sicherheit sorgt, worüber hinaus die Daten validiert werden, wodurch darin auftretende Fehler sowie Ungenauigkeiten reduziert werden. Wie folgt lassen sich die Vorteile zusammenfassen:

  • Datenübertragung ohne Medienbrüche
  • Reduzierung der Fehlerrate
  • Reduzierung des Aufwands für Dokumentenprüfung
  • Kosteneinsparung durch Wegfall doppelter Datenerfassung
  • Effizienz durch beschleunigten Datenaustausch
  • Effizienz durch Prozessautomatisierung
  • Papierloser Datenaustausch
  • Langfristige Bindung zwischen Kundschaft und Lieferant

2.2 Nachteile

Strauss (2019, S. 419) führt mehrere Gründe für die fehlende Etablierung von EDI bei KMU an, denen es an der Ausstattung von Datenverarbeitungssystemen fehlt. Es mangelt am notwendigen Know-how und branchenspezifische Standards lassen sich schwer umsetzen. Als weiteren Grund werden hohe Kosten für EDI-Transaktionen und -Implementierung genannt, wobei bei Beendigung der Geschäftsbeziehung zwischen zwei Unternehmen die Kosten für die Einrichtung Verluste darstellen (vgl. Binckebanck, 2016, S. 319). Wird EDI eingesetzt, führt dies häufig zu Änderungen in der Logistik, den Informationsströmen, den Arbeitsabläufen und den Anwendungsprogrammen, worüber hinaus die Einrichtung zeitaufwendig ist und vor allem für KMU einen komplexen Vorgang darstellt. Durch die einfache Möglichkeit, das Datenaustauschformat XML/EDI zwischen zwei Geschäftspartner:innen anzupassen, besteht außerdem die Gefahr, dass parallel mehrere Datenformate verwaltet werden müssen (vgl. Hansen et al., 2019, S. 274–275). Weiter sind EDI-Systeme anfällig für Sicherheitsvorfälle, weshalb Unternehmen ihre IT-Infrastruktur gegen Hackerangriffe und andere Cyber-Bedrohungen schützen müssen (vgl. Gehring & Gabriel, 2022, S. 487). Dies zeigt, dass eine funktionierende Anbindung in hohem Maße von IT-Systemen und Software abhängt, wobei technische Probleme, Fehler oder Ausfälle zu Verzögerungen oder Unterbrechungen der Geschäftsabläufe führen können. Für EDI existieren zwar weitverbreitete Standards, die in Kapitel 4.2 vorgestellt werden, jedoch setzen Unternehmen teils abweichende Formate ein, was die Kommunikation zwischen Betrieben erschweren kann. Dies stellt eine Herausforderung bei der Wahl eines geeigneten Standards für das eigene Unternehmen dar. Wie folgt lassen sich die Nachteile zusammenfassen:

  • Hohe Kosten für Implementierung und Betrieb
  • Implementierungskosten stellen bei Beendigung der Geschäftsbeziehung Verluste dar
  • Spezielles Know-how erforderlich
  • Entsprechende IT-Infrastruktur notwendig
  • Erhöhtes IT-Sicherheitsrisiko
  • Erhöhte Abhängigkeit von IT-Systemen
  • Anpassung der bestehenden Prozesse potenziell notwendig
  • Mögliche parallele Verwaltung mehrerer Datenformate

2.3 Gesamtheitliche Betrachtung des Digitalisierungsprozesses

Um im Kontext der Digitalisierung einen Mehrwert für alle Unternehmensbereiche und zudem keine Insellösungen zu kreieren, wird sich auf das Referenzmodell bezogen, wie in Abb. 3.1 dargestellt. Hierbei werden alle Möglichkeiten betrachtet, für die eine Digitalisierung oder Vernetzung relevant sind. Ebenfalls werden die Gebiete berücksichtigt, die als Basis für dieses Vorhaben dienen, wodurch eine Gesamtsicht für das Unternehmen entsteht und alle Bereiche berücksichtigt werden. Mit dieser Herangehensweise können Digitalisierungsprozesse für das gesamte Unternehmen umgesetzt werden (vgl. Appelfeller & Feldmann, 2018, S. 3–5).

Die Digitalisierung von Prozessen und Geschäftsmodellen erfolgt in einzelnen Schritten, wobei für die strukturierte Umsetzung ein Plan aus fünf Stufen zugrunde liegt:

  1. Digitale Realität: Wo steht das Unternehmen?
  2. Digitale Ambition: Was will das Unternehmen erreichen?
  3. Digitale Potenziale: Welche Potenziale besitzt das Unternehmen?
  4. Digitaler Fit: Bewertung der digitalen Geschäftsmodelle.
  5. Digitale Implementierung: Umsetzung der digitalen Geschäftsmodelle (vgl. Schallmo, 2019, S. 23–24).

3 Rahmenbedingungen für eine elektronische Anbindung mittels Electronic Data Interchange

Im Folgenden werden die infrage kommenden Unternehmensbereiche und Branchen für die Implementierung von EDI erörtert. Ein weiterer Schritt vor einer Einführung ist die Auswahl eines Datenstandards, aus dem Grund werden die gängigsten Formate vorgestellt.

3.1 Potenzielle Unternehmensbereiche und Branchen für Electronic Data Interchange

Über EDI können die Beschaffung und der Vertrieb Dokumente wie Bestellungen, Auftragsbestätigungen und Versandanzeigen austauschen, während Hersteller, Händler und ihre Lieferanten ein effizientes Werkzeug für die Mitteilung von Bestandsdaten erhalten. Die Transport- und Logistikbranche kann Versanddaten, Nummern zur Sendungsverfolgung und Frachtbriefe zwischen Versendenden, Spediteur:innen sowie Frachtführenden kommunizieren, was die Echtzeitverfolgung von Sendungen ermöglicht. Im Bereich der Finanzbuchhaltung können Unternehmen mittels EDI Finanzdaten wie Rechnungen und Zahlungsavise austauschen, während das Personalwesen den elektronischen Austausch für Mitarbeiterdaten wie Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Anmeldungen zu Sozialleistungen oder Steuerformulare zwischen Unternehmen und Behörden nutzen kann. Im Gesundheitswesen wird EDI für den Austausch von Patienteninformationen und anderen gesundheitsbezogenen Daten zwischen Krankenhäusern, Kliniken, Versicherungen sowie Behörden verwendet. Einen weiteren Bereich stellt der öffentliche Sektor dar, in dem Daten zwischen Regierungsbehörden, Kommunen und anderen Organisationen ausgetauscht werden. Die verschiedenen Typen von Geschäftsdaten und deren Empfangenden sind in Abbildung 4.1 ersichtlich (vgl. Gehring & Gabriel, 2022, S. 484; Narayanan et al., 2009, S. 125; Preuss, 2020, S. 98; Thesmann & Burkard, 2019, S. 199–200). Als generelles Kriterium für die Entscheidung, eine elektronische Anbindung für einen Unternehmensbereich durchzuführen, ist die Menge von Transaktionen pro Monat oder pro Jahr. Daraus lässt sich in weiterer Folge ableiten, dass im Fokus einer EDI-Einführung stets eine hohe Anzahl von Standardtransaktionen steht (vgl. Kischporski, 2017, S. 45; Thesmann & Burkard, 2019, S. 199).

3.2 Standards für den elektronischen Datenaustausch

Das Ziel von EDI besteht im automatischen Transfer von Belegen, d. h., die Daten werden automatisch von einem Unternehmen exportiert, übertragen und ins System einer anderen Organisation importiert, was ohne menschlichen Eingriff erfolgt. Geschäftspartner:innen verwenden üblicherweise unterschiedliche ERP-Systeme. Um einen Austausch zwischen verschiedenen Informationssystemen zu ermöglichen, ist es erforderlich, einheitliche Datenformate mit einer definierten Struktur einzusetzen. Es existieren abweichende Standards für den elektronischen Datenaustausch, die in jeweiligen Branchen weitverbreitet sind. Nachfolgend werden die wesentlichen Dateiformate für EDI vorgestellt.

EDIFACT (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport) wird in mehreren Branchen sowie Ländern verwendet, vor allem im europäischen und asiatischen Raum. Verantwortlich für das Regelwerk sind die Vereinten Nationen, wobei die UN/EDIFACT-Arbeitsgruppe den Standard pflegt. Mit diesen Richtlinien werden eine normierte Syntax für Belegtypen (z. B. Bestellungen) und einzelne Datenelemente (z. B. Adresse) zur Verfügung gestellt. Vor dem Versand aus dem ERP-System werden die Daten des Belegs über einen Konverter ins EDIFACT-Format übersetzt und es wird eine EDI-Datei erstellt. Nach Erreichung des empfangenden Unternehmens müssen die Daten wiederum durch einen Konverter übersetzt und anschließend ins hauseigene System übernommen werden (vgl. Abts & Mülder, 2017, S. 353–354). Durch die hohe Komplexität von EDIFACT (siehe Abb. 4.2) wurden branchenspezifische Subsets (von der chemischen Industrie bis zur Versicherungswirtschaft) entwickelt, auf die wegen der vielzähligen Untergruppen in dieser Arbeit nicht näher eingegangen wird (vgl. Thesmann & Burkard, 2019, S. 199–200).

Das Datenformat ANSI ASC X12 (American National Standards Institute Accredited Standards Committee X12), auch als X12 bekannt, etablierte sich im amerikanischen Raum. Dabei ist das Prinzip und die Verwendung von ANSI ASC X12 identisch wie beim Standard EDIFACT, lediglich die Datenstruktur wird anders definiert (vgl. Kischporski, 2017, S. 21–22).

XML/EDI basiert auf XML (Extensible Markup Language) und stellt eine neuere Form einer EDI-Lösung dar. Es handelt sich bei XML um eine internetorientierte, einfache und verständliche Auszeichnungssprache, wobei die Sprache XML/EDI die Stärken von EDI sowie XML kombiniert und vom World Wide Web Consortium spezifiziert wurde. Mittels Elementen und Tags können Dokumente strukturiert sowie Inhalte abgebildet werden, wobei einen der Hauptvorteile von XML/EDI die Flexibilität darstellt: Der Name in einem XML-Element kann frei gewählt werden, wodurch sich das Format zwischen zwei Geschäftspartner:innen einfach definieren lässt. Somit ist XML/EDI im Vergleich zu EDIFACT bei der Implementierung mit weniger Zeitaufwand und Kosten verbunden. Allerdings birgt das Format aufgrund seiner Flexibilität die Gefahr, dass für jede Anbindung ein eigener Standard festgelegt wird, wodurch das Unternehmen mehrere Datenformate zu verwalten hat. Aus dem Grund etablierten sich verschiedene XML-basierte Standards, auf die hier aufgrund der Vielzahl nicht im Detail eingegangen wird. Die Übertragung verläuft ähnlich wie bei EDIFACT, wobei XML-Dokument zusätzlich auf ihre Wohlgeformtheit (Prüfung auf Einhaltung aller Regeln) und Gültigkeit geprüft werden. In Abb. 4.3 ist ersichtlich, dass XML-Daten sowohl für Maschinen als auch für Menschen lesbar sind (vgl. Buxmann, Wüstner & Kunze, 2005, S. 414; Gehring & Gabriel, 2022, S. 488–494).

Für KMU ohne entsprechendes Know-how, mit geringem Datenvolumen oder fehlender IT-Infrastruktur bietet sich Web-EDI an, dessen Vorteil in der Verringerung von Kosten und Komplexität der EDI-Implementierung durch den Wegfall spezieller Hard- sowie Software liegt. Die Nutzer:innen dieser EDI-Lösung können Dokumente mittels Internetbrowser über ein Webportal versenden und empfangen, wobei keine Anbindung ans eigene ERP-System notwendig bzw. vorgesehen ist. Nachteile von Web-EDI betreffen im Vergleich zu einer Komplettlösung den manuellen Aufwand und den Medienbruch (vgl. Kischporski, 2017, S. 7).

Eine weitere Lösung für KMU ohne entsprechendes Know-how oder mit fehlender IT-Infrastruktur bietet EDI Clearing. Bei dieser Option der EDI-Anbindung übernimmt ein externes Dienstleistungsunternehmen die Abwicklung des Dokumentenaustauschs und fungiert als Vermittler, was bedeutet, dass zwischen den miteinander kommunizierenden Unternehmen ein EDI-Clearing-Center zwischengeschaltet ist, das die notwendige Infrastruktur für die Übermittlung zur Verfügung stellt und für die Übertragung, Konvertierung und Archivierung sowie für das Monitoring der elektronischen Daten verantwortlich ist. Somit kann EDI eingesetzt werden, ohne eine aufwendige Implementierung vorzunehmen. Das Unternehmen kann die Vorteile von EDI nutzen und muss lediglich eine Direktanbindung zum EDI-Clearing-Center einrichten. Die Dienstleistung wird dem auftraggebendem Betrieb selbstredend in Rechnung gestellt (vgl. Kischporski, 2017, S. 7–8).

Um Insellösungen für EDI-Verbindungen zu vermeiden, befassen sich internationale Gremien mit der Thematik, um einheitliche Standards zu schaffen und dadurch aufwendige Anpassungen für spezifische Dateiformate sowie Transaktionen zu verhindern (vgl. Hansen et al., 2019, S. 274–275). Eine Vorhersage zur zukünftigen Verbreitung der verschiedenen Formate ist derzeit kaum möglich, was die Entscheidung für ein Unternehmen erschwert. Voraussichtlich werden EDIFACT, ANSI ASC X12 und XML/EDI noch einige Zeit parallel eingesetzt (vgl. Gehring & Gabriel, 2022, S. 494).

4 Fazit

Die vorliegende Hausarbeit ging folgender Frage nach: ‚Was ist der Mehrwert für den Einsatz von EDI und welche Rahmenbedingungen müssen bei der Einführung berücksichtigt werden?‘. Für die Beantwortung wurde eine Literaturrecherche durchgeführt, wodurch der Mehrwert, Vorteile sowie mögliche Nachteile einer EDI-Einführung ermittelt wurden. Des Weiteren wurde erörtert, welche Aspekte berücksichtigt werden müssen, um die notwendigen Voraussetzungen für eine Implementierung zu schaffen.

Als wesentliche Vorteile einer EDI-Implementierung gelten der Wegfall von Medienbrüchen, die Reduzierung der Fehlerrate, Kosteneinsparung durch vermiedene doppelte Datenerfassung und Effizienzsteigerung durch beschleunigten Datenaustausch. Mitarbeiter:innen können für profitablere Aufgaben eingesetzt werden, weil Daten nicht manuell erfasst werden müssen. Demgegenüber stehen mögliche Nachteile wie hohe Kosten für Implementierung und Betrieb, notwendiges Know-how, erforderliche IT-Infrastruktur und ein erhöhtes IT-Sicherheitsrisiko. Damit bei Digitalisierungsprozessen in Unternehmen keine Insellösung entstehen, ist eine gesamtheitliche Betrachtung notwendig. Für die systematische Umsetzung kann ein aus den Arbeitsschritten digitale Realität, digitale Ambition, digitale Potenziale, digitaler Fit und digitale Implementierung bestehender Plan gewählt werden.

Der Einsatz von EDI hat ein breites Anwendungsspektrum und reicht vom Handel, der Industrie, über das Gesundheitswesen bis zum öffentlichen Sektor. Mit einer elektronischen Anbindung lassen sich viel Typen von Geschäftsdaten zwischen den eingebundenen Parteien übertragen. Das wesentliche Kriterium für eine Einführung ist eine hohe Anzahl von Standardtransaktionen. Dies ist erforderlich, damit die Investition in eine EDI-Anbindung auch rentabel ist. Eine Herausforderung stellt die Entscheidung für das ‚richtige‘ Dateiformat dar. Die älteren Standards EDIFACT und ANSI ASC X12 sind umfangreich und komplex. Auch die verschiedenen branchenspezifischen Subsets machen eine Wahl nicht leichter. Mit XML/EDI liegt eine jüngere und flexiblere Methode für den Austausch von Geschäftsdaten vor, hat sich jedoch noch nicht durchgesetzt. Die Flexibilität von XML birgt jedoch die Gefahr, für jede Verbindung einen eigenen Standard zu definieren. Das bedeutet, eine Vielzahl von Datenformaten verwalten zu müssen. Mittels Web-EDI und EDI Clearing bieten sich Lösungen für KMU an, die mangelndes Know-how, geringes Datenvolumen oder nicht die notwendige IT-Infrastruktur haben.

Trotz der genannten Herausforderungen ist EDI nach wie vor eine effektive Methode für den elektronischen Austausch von Geschäftsdaten. Die Vor- und Nachteile von EDI sollten, vor dem Hintergrund der Kosten, sorgfältig beurteilt werden. Es ist wichtig, sich über die Anforderungen und Grenzen von EDI im Klaren zu sein. Dies ist die erforderliche Entscheidungsgrundlage für die Beantwortung der Frage, ob eine Einführung die richtige Wahl für das eigene Unternehmen ist.

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Volkwein, M., Schmitt, J., Heidelbach, J., Schöllhammer, O., Evcenko, H. & Kett, H. (2022). Blinde Flecken in der Umsetzung von Industrie 4.0 – identifizieren und verstehen. (S. 42). Forschungsbeirat der Plattform Industrie 4.0/acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Verfügbar unter: https://www.doi.org/10.48669/FB40_2022-1

*Es handelt sich hierbei um das komplette Literaturverzeichnis aus der ursprünglichen Arbeit.

Meine Hobbys und Interessen sind Fotografieren, Klettern, MTB und Rennrad fahren, Skitouren, Wandern, Webapplikationen und Webdesign.

Martin Navadnig

Martin Navadnig

B.A.